Querdenker*innen

  • Ein relativ junger Begriff, der uns beschäftigt und den wir hier nicht unerwähnt lassen wollen.

    Querdenken ist ein Label, dass sich im Zuge der Corona-Pandemie im Jahre 2020 entwickelt hat und von einer Privatperson ins Leben gerufen und patentiert wurde.

    Wir haben uns die Proteste der Querdenker*innen und deren Positionen genau angesehen, haben Gespräche mit ihnen geführt und von Ihnen verfasste Texte und Video-Botschaften studiert. Es ist eine bunte Mischung aus verschiedensten Menschen mit unterschiedlichsten Hintergünden, die in der Kritik an den von der Regierung verhängten Corona-Maßnahmen einen gemeinsamen Nenner gefunden haben.

    Uns geht diese verkürzte Kapitalismuskritik nicht weit genug und vor allem vernachlässigt das sich Konzentrieren auf z.B. Maskenverweigerung viele andere Probleme. Die Bedürfnisse von Einzelpersonen (z.B. im Supermarkt ohne Maske einzukaufen, ohne Abstand feiern zu gehen) werden über die Bedürfnisse vieler anderer gestellt (sich nicht mit Corona anzustecken, nicht zu sterben, weiter das eigene Geschäft offen zu halten und nicht wegen positiver Corona-Fälle schließen zu müssen) und ist damit aus unserer Sicht höchst unsolidarisch.

    Auch sehen wir ein großes Problem in den Vergleichen mit diktatorischen Regimen oder der NS-Zeit, die oft von Querdenker*innen in Bezug auf die aktuelle politische Situation in Deutschland gezogen werden. Dies verharmlost den Schrecken der Nazi-Vergangenheit Deutschlands und das Leid politisch verfolgter Menschen in anderen Ländern auf der Welt.

    Oft kommt die Kritik an den aktuellen Einschränkungen aus einer stark privilegierten Gesellschaftsschicht und die Forderungen betreffen auch nur Verbesserungen für genau diese Schicht.

    Ein anderer gefährlicher Aspekt dieses neu entstandenen Labels ist die Zusammenarbeit mit klar rechten Strukturen. Sich selbst als tolerant und liebevoll freiheitlich agierende Gruppe bezeichnend grenzen sich Querdenker*innen nicht von offiziellen Nazis als Redner*innen auf ihren Bühnen oder Teilnehmer*innen auf ihren Demos ab, da sie sich als unpolitisch bezeichnen. Dies macht einen Raum auf, in dem rechte Propaganda ungestört einfließen kann und Antisemitismus wieder gesellschaftstauglich wird.

    Leider werden aus unserer Sicht die wirklichen gesellschaftlichen Probleme, die schon vor Corona strukturell bedingt bestanden, von den Querdenker*innen nicht aufgegriffen und sich stattdessen auf alte Verschwörungsmythen berufen.

    Schade um die Energie.

    Wie andere Menschen finden auch wir viele Maßnahmen im Kampf gegen Corona nicht sinnvoll und unüberlegt (wie z.B. die Schließung von Restaurants bei gleichzeitig überfüllten Bahnen, damit die Menschen weiter arbeiten gehen und die Wirtschaft läuft).

    Doch unsere Solidarität gilt den wirklich Betroffenen; denjenigen, die an Corona erkrankt sind, Angehörige verloren haben, obdachlos sind und somit nicht zu Hause bleiben können um sich zu schützen, psychologische Unterstützung benötigen und diese aufgrund von Schließungen nicht erhalten können, Alleinerziehenden die Homeoffice und Homeshooling unter einen Hut bringen müssen und den alleinlebenden Menschen, die nun durch die Kontaktverbote noch einsamer sind als vorher.

    Als Gesellschaft müssen wir zusammenstehen und uns solidarisch verhalten, uns weiter unserer Privilegien bewusst werden und konstruktiv Kritik an der Regierung üben, anstatt in Verschwörungsideen zu versinken.

    Denn Ungerechtigkeiten bestehen schon lange und gehören angeschaut und abgeschafft. Aber immer mit Blick auf die verletzlichsten Mitglieder der Gesellschaft und die, die weniger Rechte haben als wir selbst.

    Wir lieben den Austausch, vor allem das Alternativen-Denken, möchten aber auf dem Hof nicht davon überzeugt werden, dass irgendwelche Eliten Kinder essen und mensch dagegen auf die Straße gehen sollte. Politischen Aktivismus finden wir super, aber nichts kann so schlimm sein, dass es sich lohnt sich mit rechten Politiker*innen zusammen zu tun und rechtsoffen zu demonstrieren.

 

  • Schön wäre es, wenn all die Energie, die in das momentane Kritiküben fließt für den gemeinsamen Kampf für z.B. bessere Arbeitsbedingungen für Menschen im Gesundheitssystem, ganzheitlichere Betreuung von alten Menschen, schnellere Asylverfahren für Menschen auf der Flucht, finanzielle Unterstützung für kleine Unternehmen anstatt für große Konzerne, strukturelle Unterstützung für einkommenschwache Familien und vieles vieles mehr genutzt würde!

    Daher bitten wir uns besuchende Menschen offen für andere Meinungen als die eigene zu sein und Verschwörungsmythen nicht in unserer Küche zu diskutieren.

    Falls ihr nun beim Lesen das Gefühl bekommen habt, da könnte was dran sein und vielleicht hab ich mich bei den Querdenker*innen doch etwas verrannt, sprich uns gerne an. Wir denken, Jede*r kann sich mal irren und erst geglaubte Positionen neu überdenken. Es ist nie zu spät aus zusteigen.